In der Welt der Hochzeits- und Eventfloristik wird oft übersehen, dass es einen entscheidenden Unterschied zwischen „Dekoration“ und „Inszenierung“ gibt. Dekorieren bedeutet, Räume
zu verschönern – Inszenieren jedoch erschafft Atmosphären, erzählt Geschichten, lässt die floralen Elemente mit den Emotionen des Moments verschmelzen. Genau hier verändert sich die
Perspektive der Teilnehmenden grundlegend. Sie lernen, dass ein Brautstrauß nicht einfach nur schön sein muss – er muss sprechen. Über die Braut, den Tag, die Geschichte. Und was
passiert, wenn wir uns von der starren Perfektion verabschieden? Genau dann entstehen die wirklich unvergesslichen Kreationen, weil sie atmen, leben und den Raum nicht nur füllen,
sondern ihn definieren. Man könnte sagen, es geht nicht nur um das Handwerk, sondern um ein völlig neues Verständnis von Bedeutung und Wirkung. In diesem Prozess entwickeln die
Teilnehmenden nicht nur technische Fähigkeiten – sie schärfen ihre Wahrnehmung, werden mutiger in ihren Entscheidungen und lernen, wie sie mit floralen Elementen eine Botschaft
transportieren können. Eine Beobachtung, die mir immer wieder auffällt: Viele scheuen sich zunächst, Kontraste zu nutzen – kräftige Farben, ungewöhnliche Texturen. Doch gerade diese
„Reibungen“ sind es, die Designs Tiefe und Charakter verleihen. Und ja, das mag manchen traditionell Denkenden ein Dorn im Auge sein. Aber genau das ist der Punkt: Wer wirklich
etwas bewegen will, darf nicht nur hübsch arrangieren – er muss auch provozieren.
Am Anfang steht die Basis—vielleicht mit einem Eimer voller Tulpen oder Rosen, die noch ihren eigentlichen Platz suchen. Man lernt, wie man Blumen richtig schneidet, damit sie
länger halten, und wie man Farben kombiniert, ohne dass es wie ein Kinderbild wirkt. Aber es gibt auch Tage, an denen man einfach mit Erde an den Händen dasteht und sich fragt, ob
man je begreifen wird, warum manche Blätter so schnell welken. Es ist ein Prozess, der Geduld fordert, aber auch eine leise Freude mit sich bringt, wenn ein Arrangement plötzlich
„stimmt“. Dann kommt der Moment, wo es komplizierter wird—Brautsträuße mit speziellen Wünschen, die oft gar nicht so einfach umzusetzen sind. Zum Beispiel ein Strauß nur mit weißen
Anemonen, mitten im Winter? Oder ein Tischgesteck, das wie ein "wilder Garten" aussehen soll, aber nicht chaotisch? Hier beginnt man, wirklich kreativ zu denken, aber auch
pragmatisch. Und manchmal merkt man, dass man genauso viel Diplomat wie Florist ist, wenn man Kunden erklären muss, warum Pfingstrosen im Januar keine Option sind. Ein kleiner
Gedanke am Rande: Es ist faszinierend, wie unterschiedlich Menschen Blumen wahrnehmen. Während der eine Kunde nur die Farbe sieht, erkennt der andere die Symbolik jeder einzelnen
Blüte. Und das spiegelt sich auch im Lernprozess wider—es gibt keine starren Regeln, nur Richtlinien, die man in der Praxis ständig hinterfragt. Manchmal fühlt sich das mehr wie
Kunst an als Handwerk. Aber dann stehst du wieder vor einem Berg von Stängeln und Draht und weißt, dass es ohne Technik auch nicht geht.